Stellungnahme der Initiative Buirer für Buir zur Anhörung im Innenausschuss anlässlich des Polizeieinsatzes bei der Aktion "Ende Gelände"

Es bleiben viele Ungereimtheiten und viele Fragen unbeantwortet. Seitens des Ausschusses und der Landesregierung scheint weder Interesse daran zu bestehen, den Eindruck der "Zusammenarbeit von Polizei mit RWE, RWE – Werkschutz und von RWE beauftragten privaten Securityunternehmen" auszuräumen noch daran, den Einsatz und die Wahl sowie Verhältnismäßigkeit der Mittel kritisch zu hinterfragen.

Persönliche Zusammenfassung unserer Beobachterin vor Ort:

Viele konkrete Fragen, die aus den Reihen des Innenausschussmitglieder zum Bericht der Landesregierung  (http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV16-3140.pdf) gestellt wurden, blieben unbeantwortet. Die Piraten übten Kritik an der einseitigen Perspektive des Berichtes und forderten einen „Nachbericht“ ein. 

Im Wesentlichen wurden drei Themenfelder besprochen:

1. Art des Polizeieinsatzes
Aus Sicht der Polizei war der Einsatz so als „Schutzangriff“ erforderlich. Der massive Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken wurde damit gerechtfertigt, dass er ein „defensives Mittel zum Schutz der Polizisten“ war.
Liest man den Bericht der Landesregierung, so geht daraus allerdings hervor, dass bei den 16 verletzten Polizist*innen „Die Verletzungsbilder reichen von Hand und Schulterverletzungen bis zu Augenreizungen, die durch den polizeilichen Pfeffersprayeinsatz verursacht wurden.“ D.H. die Verletzungen hat man sich mehr oder weniger selbst durch den Einsatz von Pfefferspray zugefügt?
Bilder- und Videoaufnahmen, die Übergriffe von Aktivist*innen zeigen, konnten nicht beigebracht werden. Das keine Aufnahmen vom Einsatz seitens der Polizei bestehen, kann bezweifelt werden, da während der Aktion „Ende Gelände“ die Teilnehmer*innen intensiv durch Polizei und RWE gefilmt und fotografiert wurden.

2. Zusammenarbeit von Polizei, RWE-Werkschutz und Securityunternehmen
Der Eindruck (Piraten), dass die Polizei als „Erfüllungsgehilfe von RWE“ agiert hat, konnte nicht ausgeräumt werden.
Matthi Bolte vom Bündnis 90/Die Grünen sprach vom Eindruck einer „ungewöhnlich engen Zusammenarbeit“ zwischen der Polizei und dem Werkschutz. Seine konkreten Fragen nach transparenter Information über die Kompetenzen von RWE-Werkschutz und den von RWE beauftragten Security-Unternehmen, und letztlich die Frage „Wo enden die Jedermannrechte?“, wurden ebenfalls nicht abschließend aufgearbeitet.
Laut Herrn Heinen (Polizei) ist die Polizei der Neutralität verpflichtet und diese sei auch gewahrt worden. Es habe eine klare Aufgabenteilung gegeben. Dies verwundert, da gleichzeitig der Eindruck erweckt wurde, dass es keine „ gemeinsamen Vorgespräche zum Einsatz“ gegeben habe. Die Security-Mitarbeiter seien nicht von der Polizei „geschult“ worden.

3. Umgang mit Medienvertretern
Seitens der Abgeordneten aus der CDU und SPD Fraktion wurde starke Kritik an der Berichterstattung des WDR laut. Laut Herrn Hegemann habe „der Sender nach Landesrecht zu berichten“. Es kam der Eindruck auf, dass einige Abgeordnete den WDR als „Hofberichterstatter“ – und zwar, nach meinem Eindruck, als Hofberichterstatter der Landesregierung, des Konzerns RWE und der Polizei…sehen. Dass aus dieser Sichtweise das „geforderte Mindestmaß an Objektivität“ nicht gewährleistet schien, versteht sich von selbst.
Herr Heinen von der Polizei berichtete, dass es einen „erlaubten“ Platz, eine Anlaufstelle gegeben habe, wo sich Journalisten hätten informieren können: „Journalisten haben sich von der Polizei informieren lassen“. Diese waren die „braven und guten“ Journalisten. Im Gegensatz zu den Journalisten, die sich selbst ein eigenes Bild der Lage am und im Tagebau Garzweiler machen wollten und mehr oder weniger als „unseriös arbeitend“ dargestellt wurden. Der Vorwurf, dass die Polizei auf Geheiß von RWE die Journalist*innen nicht in den Tagebau ließ bzw. dort entfernte, konnte nicht entkräftet werden.

Fazit:  
Es bleiben viele Ungereimtheiten und viele Fragen unbeantwortet. Seitens des Ausschusses und der Landesregierung scheint weder Interesse daran zu bestehen, den Eindruck der „Zusammenarbeit von Polizei mit RWE, RWE – Werkschutz und von RWE beauftragten privaten Securityunternehmen“ auszuräumen, noch daran, den Einsatz und die Wahl sowie Verhältnismäßigkeit der Mittel kritisch zu hinterfragen. Dementsprechend steht auch die Mehrheit im Ausschuss einer kritischen journalistischen Berichterstattung ablehnend gegenüber.
Die daraus resultierende „feindliche Atmosphäre“ gegenüber dem WDR hat bei mir den Eindruck hinterlassen, als müssten wir uns um die Pressefreiheit und insbesondere investigative und objektiv berichtende Journalisten und Journalistinnen beim öffentlich-rechtlichen Sender WDR große Sorgen machen. Wenn schon in dieser Sitzung so offen so harsche und in meinen Augen vollkommen unberechtigte Kritik laut wird, was für ein Druck wird wohl erst hinter den Kulissen ausgeübt? Man kann gespannt sein, wie und ob der WDR sich dazu zukünftig positionieren wird. Es ist wünschenswert, dass die zukünftige freie Berichterstattung nicht unter diesem Druck eingeschränkt wird und der WDR sich nicht von der geballten Lobby aus Politik, dem Energiekonzern und Gewerkschaften gängeln lässt.

Schon Heinrich von Kleist hat sich gewünscht:
„Die Journalistik … ist eine gänzliche Privatsache, und alle Zwecke der Regierung, sie mögen heißen, wie man wolle, sind ihr fremd.“